Mitte Juli war es soweit: Meine Reise nach England stand
kurz bevor. Faul wie ich war, hatte ich die Vorbereitungen und das Packen bis
kurz vor Reisebeginn aufgeschoben. Ganz
typisch Frau habe ich mir aber schon Tage vor Reiseantritt genaue
Gedanken zu meiner Garderobe gemacht. Schliesslich sollte ich den ganzen Sommer
in England verbringen, was wiederum bedeutete, dass gewisse Sommeroutfits in
diesem Jahr nicht zum Tragen kommen werden und das musste natürlich gut überlegt
werden…
Die letzten Tage nutze ich nochmals um mich sporttechnisch
richtig auszutoben. Der akademische Sportverband Zürich bietet täglich diverse
Tanzkurse an, die ich mit Leib und Seele ausgetestet habe, mit den Gedanken, in
England höchstwahrscheinlich nicht zum Tanzen zu kommen.
Der letzte Tag vor der Abreise, ein Samstag, war Hektik pur.
So viel musste noch erledigt werden und um 11 Uhr abends fiel mir noch ein,
dass ich eigentlich noch mein ipod mit den neusten Songs aufladen wollte. Und
jeder der ein ipod hat weiss, wie lange und nervenaufreibend das sein kann…
Nach gefühlten 60 Sekunden Schlaf war es aber Sonntag in
aller Herrgottsfrühe und meine Eltern brachten mich zum Flughafen. Als wir dann
vor der Passkontrolle standen und es Abschied nehmen hiess, hatte ich schon den
einen kleinen Klos im Hals. Obwohl ich volljährig bin, war es für mich
das erste Mal, so lange von Zuhause fort zu sein. Zudem bin ich ein Einzelkind
und habe dadurch eine relative starke Bindung zu meinen Eltern. Aber da musste
ich einfach durch und zudem freute ich mich ja auch wahnsinnig auf England.
So flog ich also wie ein Vögelchen über weisse Wolken nach
England (also in einem stabilen Swiss Flugzeug natürlich) und landete im Heathrow Airport. Wer schon einmal in diesem Flughafen war weiss, dass dieser nicht
gross ist, sondern riesig. So dauerte es etwa 25 Minuten (!) bis ich beim
Gepäckband war und das obwohl ich viele dieser superpraktischen Rollbänder benutzt habe. Zudem ist es als Schweizerin auch immer etwas verwirrend durch
die Passkontrolle zu gehen. Da wir nicht Teil der EU sind, können wir ja nicht
durch den Schalter „EU-Bürger“ gehen, aber durch die Passage der
Drittweltländer können wir auch schlecht gehen. Glücklicherweise steht dann
aber doch meistens irgendwo kleingeschrieben: „EU and CH“.
Ein grosser Vorteil von Heathrow ist, das dieser an die Londoner U-Bahn
angeschlossen ist, was eine Reise in die Londoner Innenstadt natürlich
einfacher macht. Eigentlich wäre ich gern über Kings Cross gereist – natürlich
nur um mich wie eine Hogwarts-Schülerin zu fühlen – aber schlussendlich bin ich
dann doch über Charing Cross mit den Zug nach gut zwei Stunden in Hastings
angekommen.
Das erste was mich am
Bahnhof erwartete war Möwengeschrei. Für einen Mensch aus einem Binnenland sind
solche Geräusche meistens eine Wohltat und wir assoziieren dieses Laute mit
Ferien und Relaxen (diese Einstellung sollte sich bald ändern…).
Hastings train station |
Die nächsten paar Stunden verliefen relativ ereignislos, davon abgesehen, dass etwa alle 20 Minuten neue Menschen in das Haus kommen und sich kurz vorstellten. Es waren so viele, dass ich schon kurz danach den Überblick verlor und mich dem Menschenchaos hingab. Ständig kam und ging jemand und ich sass in meinem kleinen Zimmerchen und schaute tv. Um 18.00 Uhr gab es dann schliesslich Abendessen und langsam wurden mir die ganzen Verwandschaftsbeziehungen der Hausbewohner klar:
Da gab es zum einen
- die Gastmutter; 42 Jahre, freundlich aber etwas hyperaktiv, Verkäuferin
- den Gastvater; Partner der Gastmutter, aber nicht verheiratet und wohnte auch nicht dort, Bodybuilder
- der 15. jährige Sohn; Mr. Charming und mit einem englischen Akzent zum abknutschnen
- die 16. jährige Tochter; superpubertierendes Teenie
- einen Jungen aus der Tschechischen Republik: schwaches Englisch aber sehr freundlich
- einen Jungen aus Spanien; Aussehen eines 12 jährigen und äusserst unfreundlich. Zudem dachte ich zuerst er sei ein Mädchen, da sein Name Andrea war...
Zudem gab es noch einen Sohn, der aber bei den Grosseltern wohnte. Nach dem Essen (das ganz in Ordnung war) musste ich mich zu allererst nach allem erkundigen: wie komme ich zur Schule, ob ich einen Schlüssel haben könnte, wann es jeweils Essen gab, wie und wann ich duschen könnte usw., von selbst wären sie nicht auf die Idee gekommen mich etwas aufzuklären, aber naja, ich bin ja auch alt genug.
Danach verschwanden alle in ihre Zimmer (ein Wohnzimmer gab es nicht) und jeder schaltete in seinen Zimmer den Fernseher auf volle Lautstärke, was bei den gleich null isolierten englischen Häusern nicht sehr angenehm für den Zimmernachbarn ist...
Todmüde aber ganz zufrieden legte ich mich in das bequeme Bett und freute mich auf den morgigen Tag, an dem aber vieles anders kam als erwartet...
Cheers
JJ
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